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KölnAlumnus Tom Franz im Interview des Universitätsmagazins

"Ich habe meinen Neustart nur positiv erfahren"


Viele Absolventen, die die Uni Köln mit dem Abschluss in der Tasche verlassen, wagen ihr berufliches und privates Glück im Ausland. Tom Franz, Alumnus der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, ging nach dem Studium einen ganz besonderen Weg: er wurde Starkoch in Israel. Im Interview erzählt er, wie ein Jurastudium auch dabei nützlich sein kann.
 

Herr Franz, 2013 sind Sie im israelischen Fernsehen zum „Masterchef“ gekürt worden, können also nachweisbar ausgezeichnet kochen. Wie war das in Ihrer Kindheit in Erftstadt bei Köln, was kam dort auf den Tisch?

Meine Mutter war eine sehr gute Köchin und zu meinen Lieblingsgerichten zählten Kohlrouladen und Reibekuchen, hausgemacht. Was man auf deutschen Weihnachtsmärkten als Reibekuchen bekommt, kann da nicht mithalten.

In Israel, wo Sie seit fast 15 Jahren leben, gibt es vermutlich kaum Weihnachtsmärkte. Wie hat Ihre katholische Familie damals auf Ihre Konversion zum Judentum reagiert?

Für meine Eltern war es eine große Überraschung, man könnte fast sagen ein Schock. Nach so einem langen Ausbildungsweg in Deutschland passte eigentlich alles, was ich machte, so gut ins Bild, und dann bin ich auf einmal weggegangen. Sie fanden es zunächst schwierig, dass ich gerade in ein Land ging, das ja als gefährlich gilt. Und sie waren verwundert, wieso ich mich plötzlich der Religion zuwendete – und dann nicht einmal der eigenen. Sie haben sich gesorgt, ob es mir nicht gut geht, ob ich nicht glücklich bin, ob sie etwas falsch gemacht haben. Bei mir war aber alles in Ordnung! (lacht) Ich musste das tun, was ich tun musste!

Wie haben Sie Ihre achtjährige Studienzeit in Köln in Erinnerung behalten?

Köln ist meine Geburtsstadt und ich war ihr schon immer sehr verbunden. Ich war sehr froh, dass ich dort den Studienplatz bekommen habe, Jura war mein Wunschfach. 1997 habe ich angefangen zu studieren und ein paar sehr, sehr schöne Jahre an der Uni Köln verbracht – zwischen intensivem Lernen auf der einen und extensivem Nachtleben auf der anderen Seite. Das gehörte natürlich dazu.

Konnten Sie besser in der Gruppe lernen oder in den eigenen vier Wänden?

Ich habe viel zu Hause gelernt, war aber zwischendurch auch mal in der Bibliothek. Für mich gab es dort allerdings zu viel „Socializing“ und ich fand schnell heraus, dass meine Hochkonzentrationsphase morgens um fünf beginnt. Wenn ich dann um neun Uhr an die Uni kam, hatte ich mein Tagespensum schon vollbracht.

Sie hatten mit einem Schüleraustausch Israel bereits als Jugendlicher kennengelernt, dann nach dem Abitur Ihren Zivildienst in Israel absolviert – wie sah es mit Kontakten zu Israelis während des Studiums aus?

Eigentlich hatte ich gar keine israelischen oder jüdischen Kommilitonen. Überhaupt habe ich nach dem Zivildienst, also einer Art Friedensdienst, keinen Kontakt mehr in das Land gehabt, denn es gab ja noch keine E-Mail, kein Facebook, und Anrufe wären sehr teuer gewesen. Da ich im Studium auch noch vollkommen säkular war, war ich auch nicht in der jüdischen Gemeinde. Religion hat während meines Studiums keine Rolle gespielt. Als ich mich dazu entschied, nach Israel auszuwandern, habe ich fast bei Null beginnen müssen und mir neue Kontakte gesucht.

Nach dem Studium sind Sie – auf Umwegen – Koch und Kulturbotschafter geworden. Mussten Sie da auch bei Null beginnen oder haben die Kenntnisse aus dem Studium geholfen?

Nun, ich bin kein klassischer Koch, da ich keine Festanstellung und kein eigenes Restaurant habe. Ich habe immer wieder einzelne Verträge für Auftritte, Testimonials, Fernsehproduktionen oder Veranstaltungen. Da kommt es mir auf jeden Fall zu Gute, dass ich das juristische Staatsexamen habe und diese Unterlagen selbst prüfen kann. Ich bin aber auch nicht traurig drum, dass ich die Fachkenntnisse sonst nicht groß verwerten kann, denn ich mag einfach sehr gern, was ich aktuell mache.

Juristen eilt der Ruf von Genauigkeit und Pedanterie voraus – wie sind Sie beim Kochen, arbeiten Sie streng nach Rezept oder auch mal „freestyle“?

Das geht in zwei verschiedene Richtungen bei mir. Ich lese gerne Rezepte, um mir Inspirationen zu holen, aber ich halte mich beim Kochen nie daran. Wenn ich ein bestimmtes Gericht nachkochen will, lese ich zwei oder drei Versionen von Rezepten. Wenn ich das Prinzip verstanden habe, mache ich meine eigene Kreation daraus. Beim Backen ist das anders, da muss man die Verhältnisse schon eher beachten. Wenn ich eigene Rezepte schreibe, hilft mir das Jura-Studium vielleicht doch ein bisschen, wenn es darum geht, die Zubereitung sprachgewandt und systematisch darzustellen. Meine Rezepte lassen sich sehr gut nachkochen, weil ich sie sehr genau aufgeschrieben habe.

Welches Rezept könnten Sie Studierenden empfehlen, die nicht so viel Geld ausgeben wollen?

Shakshuka, also Eier pochiert in Tomatensoße. Noch ein paar Gewürze dazu, voila. Das kann sich jeder leisten und das geht einfach immer.

Was sind denn Ihre Lieblingsgewürze?

Meine Lieblingsgewürze sind alle Formen von Paprika. Süßes Paprikapulver, scharfes Paprikapulver, Cayenne, Chili, die ganze Familie. Und dann noch Kreuzkümmel und vielleicht noch Kurkuma.

Israel geht mit der israelisch-deutschen Produktion »The Cakemaker« für die Auslands-Oscars 2019 an den Start. Der Film erzählt, wie ein deutscher Bäcker von der israelischen Community aufgenommen wird und sich mit Schwarzwälder Kirsch in ihre Herzen backt. Wie war es damals für Sie, anzukommen?

Obwohl es natürlich grundsätzlich sehr schwer ist, habe ich meinen Neustart nur positiv erfahren. Das hing auch damit zusammen, dass ich mit einer unheimlich großen Motivation, mich zu integrieren, in das Land gekommen bin. Ich wollte hier sein, ich wollte die Sprache lernen, ich wollte die Religion annehmen. Ich war also mit einem ziemlich umfassendem Plan gekommen – ja, ich liebte das Land und die Menschen. Die Menschen haben gespürt, dass ich so viel Zuwendung mitgebracht und so viel investiert habe. Da ist Integration vergleichsweise einfach.

Hoffnungen, Sehnsüchte, Zukunftsentwürfe – vor dem Hintergrund Ihrer Geschichte: Welchen Rat können Sie Studierenden mit auf den Weg geben?

Ich denke, es ist das wichtigste, dass man das tut, was einem wirklich Freude macht. Vielleicht studieren einige etwas und gehen dann in einen Beruf, weil sie es nicht besser wissen oder weil sie Erwartungsdruck verspüren. Doch egal, welchen Weg man einschlägt: Man wird Erfolg haben, wenn man das, was man tut, gerne und wirklich mit Hingabe macht – und Durchhaltevermögen zeigt.

Das Interview führte Frieda Berg.


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